Arbeiten, am Nabel der Welt
„Viele Menschen sind überfordert. Finanziell und mit der Familie.“
Antje Jäger muss es wissen: Kaum jemand in Rotenburg ist so nah dran, am familiären Geschehen wie sie. Als freiberufliche Hebamme und als Gründerin, plus ehrenamtlicher Vorstand des Vereins SIMBAV (Schwanger Information Mütter Babys Austausch Väter) hört sie nicht von Problemen über die Medien oder über zwei Ecken – sie ist da. Vor Ort.
„Austausch ist das Allerwichtigste!“
Von Eltern für Eltern: Unter diesem Credo vereint SIMBAV das Miteinander, das aktive Vernetzen unter Müttern wie Vätern und ihren kleinen Kindern mit fachkompetenter, unkomplizierter Beratung – rund um die ersten Lebensjahre auf dieser Welt. „Vor allem bei Überforderung ist das Begegnen mit anderen Menschen das Wichtigste. Zusammen ist vieles möglich, was allein schwer wiegt. Hier bei SIMBAV sind alle willkommen!“
„Wer nichts hat, bekommt bei uns alles. Das ist klar.“
Hier wird Familien geholfen, Punkt. Neben dem starken regionalen Netzwerkgedanken, den Kursangeboten und der Beratung – ist Nächstenliebe Programm. Sowohl für Kleidung als auch für Spielzeug gibt es einen gut ausgestatteten „SIMBAV-Laden“, und darüber hinaus einen Fundus an Sachspenden. „Wir hatten schon Menschen vor der Tür stehen, deren Haus abgebrannt ist und Menschen, die ohne alles flüchten mussten.“
Für Antje Jäger macht diese zusätzliche Hilfsmöglichkeit das SIMBAV-Angebot rund. „Ich kenne es selbst aus Kindertagen, dass man auf Hilfe angewiesen sein kann. Das prägt.“
„Beim SIMBAV gilt übrigens: handyfreie Zone.“
Und zwar ganz bewusst, erklärt Antje Jäger. Lange Bildschirmzeiten seien auch bei uns Erwachsenen schon bedenklich, findet sie, „doch bei Kindern sorgen sie für langfristig schwerwiegende Probleme. Für die Augen, Sprache und Psyche.“ Zu viel TV, Tablet und Handy können das Bonding zwischen Eltern und Kind stören, weiß die Hebamme aus Erfahrung. „Kinder bauen in den ersten Jahren ihr Grundvertrauen in sich und andere auf. Dabei unterstützen diese Bildschirme, die ihnen nichts zurückgeben, sie nicht.“
„Ein sehr aktuelles Problem“, sagt Antje Jäger ernst, „das verständlicherweise mit der Überforderung in Familien einhergeht. Und leider weitere Überforderung schafft.“
„Mein Beruf ist fast politisch. Ja doch, das kann man sagen.“
Für die Rotenburgerin sind Familien die „Zellen unseres Staates“. Probleme, die sich in den politisch großen Themen unserer Zeit zeigen, fangen dort an. Ebenso die Chancen. Oft wünscht sie sich vom Staat mehr Unterstützung für seine „Zellen“, für die Familien.
„Natürlich haben wir tolle Eltern, hier in der Stadt! Gleichzeitig sind die Gegebenheiten heutzutage enorm belastend. Dadurch werden Eltern auch müder, konfliktscheuer.“ Antje Jäger denkt laut weiter: „Doch wenn wir nach Feierabend nicht mal mehr die Kraft haben, unseren Kindern Handy-Grenzen zu setzen – was wird aus unserer Demokratie?“
„Ich arbeite am Nabel der Welt. Das ist wunderschön.“
So hart und ernst ihre Gesichtszüge werden, wenn sie die großen Herausforderungen in Familien aufzeigt – so weich und warm werden sie, wenn sie über ihre innere Motivation spricht. „Kinder und Eltern in ihrer Zeit vor, während und nach der Geburt zu begleiten, als Hebamme und anschließend beim SIMBAV: Das ist einfach schön und so sinnvoll. Ich sehe genau, wie wundervoll sie sich weiterentwickeln – die Kinder und die Eltern.“
Was Antje Jäger gerade noch bewegt:
„Schöne Kleidung und Spielzeug kann übrigens jeder, der möchte, in Rotenburg im ‚SIMBAV-Laden‘ finden.“ Sei es fürs Weihnachtsgeschenk, fürs Baby oder die Kleidung in der Schwangerschaft. Einfach mal vorbeischauen!
Füreinander da zu sein, davon lebt SIMBAV. Herzlich und unkompliziert. Genau diesen Ansatz wünscht sich Antje Jäger auch für Nachbarschaften in Rotenburg zurück. „Früher war‘s normal, dass man aufeinander Acht gibt. Das ist doch gut.“
Das schwere Schicksal von den Senior*innen, die nicht von ihrer mickrigen Rente leben können. „Sie haben ihr Leben lang hart gearbeitet und nach den Kriegszeiten alles wieder aufgebaut. Sollten wir sie als reiches Land, das wir sind, nicht würdigen?“
Wünsche für Rotenburg: saubere, sanierte Spielplätze in allen Stadtbereichen; attraktive, interaktive Spielmöglichkeiten in der Fußgängerzone („wir sehen ja, wie viel an der silbernen Kugel los ist – andere Städte setzen bereits auf interaktive Spiele für mehr Leben in der Stadtmitte“); mehr ehrenamtliches Engagement für Rotenburg („innovative und praktische Projekte“).
SIMBAV e.V. – Der Verein für die Familie
Möchtest du das Familiennetzwerk unterstützen?
Spenden sind willkommen! Ob finanzieller Art oder in Form von Kleidung/Spielzeug.
Mehr zur aktuellen Aktion (Engel für Kinder) und zu Hintergründen auf: www.simbav.de