Fan von Neon.
„Man kann im Leben nicht alles planen. Zum Beispiel, kreativ zu sein.“
Farbkleckse an der Wand. Auf dem Boden, an Acryl-Sprühdosen und an Lennard Dorkas wackeligem Holzstuhl, auf dem er gerade Platz nimmt. Sein ‚Rotenburger Wander-Atelier‘, stellt er es liebevoll vor. Es lässt schnell vermuten, was dem Künstler wichtig ist: Farbe, bunte Farbe. Und zwar in Neon. Schweift der Blick weiter in den nächsten Raum, auf einige seine Werke, formt sich das Bild über seine Kunst weiter. Modern, dynamisch, gern über den Rand hinaus. Vor allem aber: nach Plan ungeplant. Lennard nickt. ‚Ich male spontan, ich drücke mich aus. Jedes Bild ist ein Unikat.‘
„Ich bin ein Sommer-Maler. Die Winterpause tat mir gut.“
Corona? Hat den 23-jährigen Kommunikationsdesign-Studenten nicht so inspiriert. Zumindest nicht direkt, nicht vor der Leinwand. ‚Ich habe letztes Jahr sehr viel gemalt, ich brauchte erst einmal eine Pause. Unter Druck funktioniert es nicht, und den hatte ich mir gemacht.‘ Stattdessen zog es Lennard mit Freundin Cathi ins Grüne. Mehr Zeit im Garten – und für die neu zugezogenen 17 Hühner eine kleine Unterkunft bauen. ‚Das hat mich wieder inspiriert. Witzig, woher so etwas manchmal kommt: Ich denke jetzt auch über Statuen nach.‘ Doch, fürs Erste zieht es Lennard zurück zu seinen Farben.
„Ich mag es, was Handwerkliches zu machen, mit den Händen. Nur PC-Arbeit ist nichts für mich.“
Musik ins Ohr und los. Bisschen gehörtes Beachclub-Feeling, Funk-Techno oder Hippie-Sounds. ‚Ohne geht es nicht‘, weiß Lennard. Aber mit geht so einiges: 60 Bilder hat er verwirklicht – dabei malt er erst seit März 2019. 15 finden Platz im Atelier, die übrigen Werke sind verschenkt oder verkauft. ‚Ich durfte im November im Rathaus in Rotenburg ausstellen, richtig super für meinen Start.‘ Das mit dem Malen kam ganz plötzlich, erzählt Lennard. ‚Vom Farblehre-Kurs im Studium hatte ich noch Farben zu Hause rumstehen und dachte, es wäre schade, sie wegzuschmeißen. Also habe ich mal gemalt.‘
„Wie das Licht letztlich einfällt und wirkt, ist unglaublich wichtig. Alles spielt zusammen.“
Über seinen Instagram-Account gingen die ersten Verkäufe ‚über den Tisch‘, erinnert sich der junge Künstler. ‚An einen digitalen Nomaden, der gerade in Schottland unterwegs war – ein lustiger Typ.‘ Immer mehr Menschen gaben ihm ein ernstes Feedback zu seiner Kunst, und so nahm er es auch ernster: Beschäftigte sich mit Kontrasten, Lichtverhältnissen, Leinwandqualitäten – und Schwarzlicht. ‚Darin kommen meine Neonfarben besonders gut raus. Manche Kunden holen sich direkt beides.‘
„Ich hatte das ja gar nicht so geplant, aber: Jetzt möchte ich Künstler sein.“
Ein paar entscheidende Farbreste, dann die Ausstellung, erste Verkäufe und Auftragsanfragen. Ganz schön schnell, ganz schön viel. Schließt Lennard nach seinen morgendlichen Malstunden die Tür seines Ateliers, ist er aber ‚ganz normal drauf‘, sagt er: radelt mit Freunden durch Rotenburg, geht auf’n Bier (oder zwei) ins Schmidts, genießt das schöne, ruhige Landleben – keine große Kunst.