Blutet das Unternehmer-Herz.
„Es ist normal, dass wir im Dunkeln stehen, da fühlen wir uns wohl. Aber gerade sehen wir schwarz.“
Veranstaltungstechnik – was für ein langes, sperriges Wort für etwas, das so viele Emotionen auslöst. Kommunikation möglich macht. Menschen zusammenbringt. Und den Dingen die gut ausgeleuchtete Bühne überlässt, die sie verdient haben. Aber, wer denkt eigentlich an die Licht- und Ton-Patrouille? ‚Im Normalfall keiner‘, sagt Malte Holsten. ‚Und das ist auch gut so. Wenn wir im Job auffallen, haben wir meistens was falsch gemacht.‘ Läuft also alles rund, haben die Gastgeber, die Gäste und die Techniker einen schönen Abend, eine wilde Feier oder ein lautes Festival. Doch gerade hat keiner was falsch gemacht. Nichts läuft rund. Und Malte hat nicht die leiseste Vorahnung, was gespielt wird.
„Ich stelle mir jeden Tag genau zwei Fragen: 1. Wann geht es weiter? 2. Wie soll es weitergehen?“
‚Das ist wie das Wetter in 13 Tagen vorauszusagen – keiner weiß wirklich, was passiert und worauf man sich noch vorbereiten muss.‘ Malte Holsten liebt sein selbst aufgebautes Unternehmen und würde gern planen. Ideen schmieden, Ziele setzen, Ansätze finden. Schwer zurzeit. ‚Wüsste ich, in zwei oder drei Monaten kann ich wieder arbeiten, das gilt es jetzt zu überbrücken, da würde ich direkt einschlagen und sagen: Deal!‘ Leider liegt ihm ein solches Angebot nicht vor – im Grunde gar keins mehr. ‚Das muss man sich mal vorstellen: Es ging bei uns innerhalb von Tagen von 100 auf 0.‘
„Ganz ehrlich? Das Urteil zum 31. August ist für mich eine emotionale Ohrfeige. Ne, schlimmer.“
Kollege Tim ruft an, fragt was an. ‚Ne sorry, ist alles vermietet‘, scherzt Malte Holsten trocken und muss Sekunden später doch selbst lachen. Ja, der Humor ist noch da, nein, Aufträge alle weg. Alles abgesagt, nichts Neues kommt rein. Das letzte große Ding war die Sportgala von Rolf Ludwig Ende Februar, danach ging Corona (nicht nur) medial durch die Decke, Schicht im Schacht. Ein vermieteter TV-Aufsteller da, ein kleiner Job für einen Cocktail Drive In – dank bürokratischer Auflage wieder zu – hier, über sowas freut sich Malte Holsten jetzt schon, wenn man es so nennen kann. Traurig.
„Wir haben einen engen Draht zu unseren Kunden. Wir schreiben jetzt keine Rechnungen.“
AGBs holt man im besten Falle genau einmal raus, findet Malte Holsten, nämlich zum Unterschreiben. Das war’s. Er ist kein Freund von Klauseln, die im Notfall auf den Tisch geknallt werden, um an der Unterschrift des anderen zu verdienen. Nein. Er nagelt jetzt niemanden seiner Kunden auf Entschädigungskosten fest. ‚Klar, wäre finanziell besser für uns, aber wir haben ja alle Probleme. Alle müssen ihr Ding absagen, verschieben. Wir müssen gemeinsam dadurch und wir wollen uns danach doch auch noch ins Gesicht sehen können.‘ Auch, wenn er jetzt jeden Euro gut gebrauchen kann, auf solchen Wegen will er ihn nicht mitnehmen. Nicht mal zu Corona-Zeiten.
„Unsere Branche war zuerst betroffen und kommt als letzte wieder da raus. Wir brauchen Hilfe.“
Es geht nicht nur um die Menschen mit Veranstaltungstechnik, sagt Malte Holsten ernst – die ganze Unterhaltungsbranche ist stark am Kämpfen. Künstler, Musiker und Acts, keiner kann arbeiten, jeder ist auf die Nähe zu Menschen angewiesen. Und, wenn die menschliche Nähe fehlt, fehlt dann nicht uns allen etwas? Geht sie hinter Plexiglas und emotionslosen Mundschutz-Gesichtern flöten? Stehen wir nur noch auf, um zu arbeiten und um zu Hause zu bleiben? Wie lange? ‚Ich hoffe das Beste für uns alle – und dass auch die gesehen werden, die dafür sorgen, dass das große Ganze funktioniert.‘